Medienpädagogische Praxisarbeit

Wie kann man nun ein Thema in der medienpädagogischen Arbeit aufgreifen und umsetzen? Was heißt Medienkompetenz? Welche Rolle spielt der Lebensweltbezug in der Arbeit? Was bedeutet medienpädagogische Praxisarbeit? Welches Wissen und welche Fähigkeiten benötigen Lehrkräfte bei der Umsetzung von medienpädagogischen Projekten?

Medienpädagogische Praxisarbeit

Antworten auf diese Fragen bietet der anschließende Artikel Medienpädagogische Praxisarbeit für Kinder und Jugendliche. Leitlinien für qualitätsvolle Vorhaben zwischen Kontinuität und Wandel (Schemmerling 2020: 49–58). Nachstehend sind lediglich die ersten Seiten zu finden.

Der gesamte Artikel steht kostenlos zum Download zur Verfügung unter: https://perspektiven-werte-schule.jff.de/wp-content/uploads/2021/07/merz_20-2_Beruf_Medienpaedagog_in.pdf

Eine kompakte und anschauliche Erklärung der Begriffe Medienkompetenz und Medienpädagogische Praxisarbeit geben die Erklärvideos, auf die am Ende dieses Kapitels verwiesen wird.

Medienpädagogische Praxisarbeit für Kinder und Jugendliche. Leitlinien für qualitätsvolle Vorhaben zwischen Kontinuität und Wandel

Immer wieder wird das Feld der Medienpädagogik als simple Erweiterung der Pädagogik oder Erziehungswissenschaften um Medienthemen verstanden. So sind Äußerungen wie „Ich möchte mal was mit Medien machen“ oder „Ich habe Medien oben drauf bekommen“ keine Seltenheit, wenn es in Fortbildungen um die Motivation der Anwesenden zur Teilnahme geht. Und gleichzeitig ist es in Zeiten der Digitalisierung so en vogue wie vielleicht noch nie, (pädagogisch) mit und über Medien und deren Inhalte zu arbeiten. Die kontinuierlichen technologischen und gesellschaftlichen Entwicklungen führen dazu, dass Handeln immer mehr zu medialem Handeln wird, und zudem Grenzen zwischen on- und offline verschwimmen. So sind niederschwellige und gleichermaßen enorm verschränkte, vielfältige und professionell anmutende Medienproduktionen Teil des Alltags junger Menschen. Medienbezogene Themen und eigene Medienprodukte erhalten entsprechend verstärkt Eingang in pädagogische Vorhaben aller Art. Die „Entgrenzung der Medialität als umgreifendes Moment von Lern- und Bildungsprozessen“ (Hartung-Griemberg/Schorb 2017: 277) führt unter anderem auch dazu, dass die Grenzen zu anderen Disziplinen, wie etwa dem Jugendschutz, der (Medien-)Didaktik oder Erlebnispädagogik, immer mehr verwischen. Doch nicht jede pädagogische Aktivität mit Medien ist auch medienpädagogischer Natur – mag sie noch so wertvoll sein.

(Online-)Medien sind selbstverständlicher und kontinuierlicher Bestandteil der Lebenswelt von Kindern und Jugendlichen. Umso wichtiger ist es, ihnen von klein auf Räume zu eröffnen, in denen sie die Möglichkeit haben, sich mit dieser Lebenswirklichkeit auseinanderzusetzen und diese bewusst zu gestalten (vgl. Anfang 2015). Wenn es darum geht, jungen Menschen mit qualitätsvoller medienpädagogischer Praxisarbeit Räume zur Verfügung zu stellen, stehen verschiedenste Ansätze, Zielsetzungen und Konzepte bereit. Die einzelnen Aspekte können in der Ausgestaltung konkreter Vorhaben jeweils unterschiedlich gewichtet sein und – entsprechend der jeweiligen Schwerpunktsetzung – in diversen Variationen und Intensitäten Eingang in medienpädagogische Praxisaktivitäten finden. Eine Reduzierung auf gute Praxisarbeit, welche durch das simple Einhalten einer Checkliste gewährleistet werden kann, wäre zu verkürzt und dem facettenreichen medienpädagogischen Handlungsfeld nicht angemessen. Nichtsdestotrotz geht es darum, Fachkräfte mit konzeptionellen Leitplanken zu unterstützen. Die nachfolgend angestrebte Bündelung kann hier als Orientierung fungieren.

Medienkompetenz als Bezug bei der Zielformulierung von Vorhaben

Mit Blick auf medienpädagogische Praxis zeigt sich eine große Bandbreite an Aktivitäten, die sich nur bedingt dem klassischen Projektbegriff unterordnen lassen. Insbesondere Jugendliche und junge Erwachsene nutzen die medialen Angebote bisweilen – ohne jegliches medienpädagogisches Zutun – virtuos, um ihrem Lebensgefühl Ausdruck zu verleihen. So haben sich in den letzten Jahren verstärkt mediale jugendkulturelle Szenen rund um YouTube, Gaming und vieles mehr herausgebildet. Umso wesentlicher ist es für medienpädagogische Praxisarbeit heute, dem auch eine Plattform und eine Öffentlichkeit zu geben. Es geht dabei darum, junge Menschen in ihrem Tun zu fördern, und ihnen Unterstützung zu bieten, damit sie sich mit all den Fähigkeiten und Talenten, die sie mitbringen, weiterentwickeln, und diese auch auf andere Lebensbereiche übertragen können. Zu den Bedarfen, die junge Menschen in diesem Kontext formulieren, gehören dabei recht unterschiedlich gelagerte Aspekte, wie Räumlichkeiten, technischer und inhaltlicher Support, eine gewisse Übersetzungsarbeit für Eltern, pädagogische Fachkräfte und politische Entscheidungsträger*innen oder auch das Zugänglichmachen für die Öffentlichkeit.

Unabhängig davon, ob es sich etwa um ein Barcamp für Gamer*innen, ein Kampagnenprojekt für Vielfalt und gegen Extremismus oder eine kompakte Einheit zum Thema Influencer*innen handelt: Jede medienpädagogische Aktivität sollte eine Zielsetzung verfolgen, welche es vorab zu definieren gilt. Projektkonzepte sollten hierbei stets direkt an den Perspektiven der Kinder und Jugendlichen anknüpfen. Demmler und Rösch (2012) betonen, dass „die damit verbundenen lebensweltorientierten, augenzwinkernden, spaßigen und anspruchsvollen Projektkonzepte […] neue Dimensionen von Bildungsprozessen bei Kindern und Jugendlichen anregen und zur Förderung von Medienkompetenz beitragen“ (S. 25) können. Geschieht eine Zielsetzung erst im Nachhinein, im Sinne einer nachgeordneten Legitimation für das Geplante oder Geschehene, werden Vorhaben beliebig, wesentliches Potenzial medienpädagogischer Arbeit wird verschenkt und die Teilschritte des Ganzen können nur bedingt sinnhaft aufeinander abgestimmt werden.

Ein grundlegendes Ziel medienpädagogischer Praxisaktivitäten ist, einen anregenden und angemessenen Rahmen zu schaffen, in dem Kinder und Jugendliche Medienkompetenz entwickeln können. „Medienkompetenz wird wie jedes soziale Handeln erworben und sukzessive ausdifferenziert“ (Theunert 2009: 203). Das Ausbilden von Medienkompetenz ist also zu verstehen als lebenslanger Prozess mit einem relevanten und mannigfaltigen Ziel, welches sich in Wechselwirkung zwischen Subjekt, Medienlandschaft und sozialem Umfeld bzw. Gesellschaft stets weiterentwickelt. Das heißt, anders als beim Lesen, Schreiben oder Rechnen greift bei Medienkompetenz das simple Prinzip von Vermittlung und Anwendung nicht. Zentral ist es für alle Menschen vielmehr, kontinuierlich das Rüstzeug auszubilden und weiterzuentwickeln, um mediale und auch gesellschaftliche Entwicklungen mit Neugierde und differenziertem Blick ins Auge zu fassen. Folglich gilt es, Kinder und Jugendliche gemäß ihrer Ressourcen und lebensweltlichen Bedingungen durch qualitätsvolle medienpädagogische Aktivitäten in ihrer Handlungsfähigkeit zu stärken, Medien eigensinnig und selbstverantwortlich zu nutzen. Wesentlich ist es somit wahrzunehmen und anzuerkennen, was Kinder und Jugendliche bereits mitbringen, um sie entsprechend zu fördern. Derzeit gibt es mit Vorhaben wie Digitales Deutschland spannende Ansätze, einen systematischen Überblick darüber zu entwickeln, welche Kompetenzen heute für die souveräne Lebensführung in einer digitalisierten Gesellschaft notwendig sind (für weitere Informationen siehe www.digid.jff.de). Gerade weil wir uns kontinuierlich in einem gesellschaftlichen und technologischen Entwicklungsprozess befinden, ist es sinnvoll, konkrete Eckpfeiler für das Formulieren von Zielen und die Planung medienpädagogischer Praxisvorhaben zu benennen. Die Definition von Medienkompetenz nach Theunert und Schorb (2010; Theunert 2015) bietet hierfür Ansatzpunkte, und begleitet die medienpädagogische Praxisarbeit seit Jahrzehnten:

Medienpädagogische Aktivitäten bieten Kindern und Jugendlichen die Möglichkeit, sich medienspezifisches Wissen anzueignen. Dazu gehören unter anderem instrumentelle Fähigkeiten ebenso wie das Wissen über Medien, konkrete Medienphänomene und -inhalte sowie Medienstrukturen und damit die Befähigung, entsprechendes Wissen zu verknüpfen und anzuwenden. Die Komplexität der Zusammenhänge hat dabei stetig zugenommen, und auch die Notwendigkeit, rechtliche Regelungen zu kennen, ist heute besonders alltagsrelevant. Insbesondere die allgegenwärtige Produktion, Bearbeitung und Verbreitung von Medienprodukten aller Art, die vielfältige Interaktion in Social-Media-Angeboten von klein auf sowie das Verschwimmen der Grenzen von on- und offline verstärken diesen Aspekt. Die wertespezifische Frage, wie wir miteinander leben wollen, sollte weiterhin stets an erster Stelle stehen. Dennoch brauchen Kinder und Jugendliche ein angemessenes Verständnis über rechtliche Zusammenhänge, um etwa zu wissen, wo Grenzen ihrer Handlungsfreiheit, aber auch der von anderen liegen.

Der gesamte Artikel steht unter https://perspektiven-werte-schule.jff.de/wp-content/uploads/2021/07/merz_20-2_Beruf_Medienpaedagog_in.pdf kostenlos zur Verfügung.